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Kapstadt und nicht ganz nach Rio


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Transatlantik, eine Jungfernfahrt

Die Route nach Brasilien soll so richtig schön und einfach sein, genau das richtige für zwei Anfänger in Sachen Atlantiküberquerung. Segel setzen, immer achterlicher Wind, Passatsegel etwas weiter nördlich hoch sobald die östlichen Tradewinds erreicht sind, Autopilot einschalten und ansonsten den Tag mit Müßiggang verbringen, irgendwann, wenn es wieder mehr Möwen und Schiffsverkehr gibt, ja dann soll Südamerika nicht mehr fern sein. Unser Schiff, die Twiga haben wir in neun Monaten Refitarbeit für lange Fahrt vorbereitet, an sich sollte alles OK sein, aber von unserem zuvorigen Boot wissen wir, dass ein Schiff niemals perfekt, fehlerfrei oder gar fertig sein kann…Außerdem ist diese Reise auch die erste Dauerbelastung für das Schiff. Die Twiga hat nie den geschützten Bereich der Langerbaan Lagune verlassen, nach 17 Jahren, seit sie die Werft verließ, ist dies ihre erste wirkliche Reise.  Ob wir all das was wir uns ausgedachten auch richtig und umfassend überlegt und umgesetzt haben ist ja auch nicht sicher. Von Vergessenem und nicht Beachtetem ganz zu schweigen… Und was die Wind und Wetterprognosen betrifft: ob die hier im Südatlantik wirklich so viel zuverlässiger sein werden als in unserem bisherigem Hausrevier, dem Mittelmeer?

Auf der Suche nach den Trade Winds

Montag, 07. 02.2011

Abreise aus Myconos, um 09:30 zuvor noch 50 L. Diesel und 20 Lit.2T Mischung gebunkert. Auf den letzten tl_files/twiga_inhalt/Cape to rio/cr1.jpgDrücker hat Mark bzw. sein Sohn Kevin das Plichtzelt fertiggestellt, wir haben noch die Abdeckung der Frontscheiben montiert und die Schranktüren gesichert. Zu futtern und zu trinken ist gebunkert, bin gespannt wie wir auskommen werden, es ist eher über den großzügigen Daumen kalkuliert denn exakt berechnet. Bei den Getränken haben wir schon aufgepasst, falls der Watermaker eingehen sollte haben wir genug an Bord um die Reise fortsetzen zu können. Nur der sanitäre Luxus würde wegfallen. Der Abschied von Südafrika geht ganz unspektakulär vonstatten, keine großen Gefühle, es ist selbstverständlich geworden, dass wir losfahren. Bei mir ist im Hintergrund ein wenig Bangigkeit, muss wohl wegen der ungewohnten und bisher nicht erlebten Dimension der Atlantiküberquerung sein, einen objektiven Grund erkenne ich nicht. Helga freut sich ganz einfach und meint, dass etwaige Unwägbarkeiten eh von uns beherrscht werden. Womit sie meint, wenn etwas kaputt geht werde ich es schon wieder richten…

Auslaufen bei Flaute, ab Mittag soll Wind aus Süden kommen. Auf dem Atlantik, gleich nach dem Verlassen der Lagune, steht über dem Benguela-Strom eine riesige Nebelbank, von Ost nach West mehr als 8 nm, von Süd nach Nord???, in ihr kommt gegen 14:20 SSW Wind auf, Maschinen stopp und segeln unter Groß, Genua und Kuttersegel.

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Zunächst begleiten uns noch Robben, Kormorane, Möwen und fliegende Fische; überall ist etwas zu sehen, vor der Nebelbank im hellen morgendlichen Sonnenlicht mit glitzernden Turbulenzen, wo die Robben auftauchen, die Möwen bei der Jagd ins Wasser platschen bei ansonsten spiegelglattem Wasser.

Die Passage durch den Nebel dauert 3 Stunden entlang dem nördlichen Verkehrstrennungsgebietes. Das Wasser geht in den Himmel über, eine diffuse Helligkeit umgibt uns, manchmal, bei nur geringer Nebeldicke, ist nach oben hin die Sonne als riesige Milchglaslampe zu sehen, eine unwirkliche Atmosphäre. Gott sei Dank gibt es in diesen Stunden fast keinen Schiffverkehr in unsere unmittelbare Nähe. Das AIS gibt einen guten Überblick, besonders die recht genaue Kalkulation des Gerätes bezüglich der Passagedistanz ist erheblich präziser als die ständige Peilung mit dem Fernglas. Am späteren Nachmittag und nachts gibt es dann recht lebhaften Frachterverkehr, Zeit mit dem neuen Radar und dem AIS zu üben.

Unser Kurs ist so um die 300 Grad, je nach Wind, damit wir weiter im Nordwesten auf den Tradewind stoßen der uns –theoretisch – platt vor Laken nach Rio bringen soll. Doch bis zum Erreichen der Trade Wind Zone sind noch ca. 550 Meilen zu segeln.

Ich gehe nachmittags drei Stunden schlafen und verpennte fast unseren ersten Sonnenuntergang. So ein Katamaran ist schon was Feines: bei 5 Knoten Speed und halben Wind in der Plicht an einem ebenen Tisch sitzen, Abendessen genießen und auf den Sonnenuntergang warten, das hat schon mehr Lebensqualität als das zuvorige Leben auf der kleinen TWIGA.

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Wie wir die Nachtwachen regeln wollen müssen wir erst mal ausprobieren heute mache ich die erste bis 01:30, gemeinsam sind wir noch etwas in der Plicht, der Sternenhimmel ist grandios und die beiden Spuren des Kielwassers leuchten bis zu 15 Meter hinter Schiff auf, als ob wir Unterwasserscheinwerfer angestellt hätten. Obwohl die schmale Sichel des zunehmenden Mondes schon gegen 22:00 nordwestlich im Meer versank, ist es hell genug um die Kimm zu erkennen.

Denstag, 08.02. 2011.

Helgas Wache . Sie hat trotz des Schlagens der Wellen an den Rumpf wie ein Murmeltier geschlafen. Die Schiffbewegungen sind erheblich anders als die von unserem kleinen Mono, aber auch harmonisch, wir gewöhnen uns zügig daran. Gegen 04:00 kommt ein riesiges Containerschiff auf, dessen Passageabstand laut AIS Kalkulation nur 500 Meter betragen würde, Helga weicht vorsorglich aus, denn der Pott ist immerhin 400 Meter lang…

Ich schlafe derweil bis um 08:00. Tagsüber Sonne, vereinzelte Wölkchen, der Wind recht konstant aus SSW mit 10-12 Knoten.

Wir laufen mit 5-6 Knoten unter Vollzeug, ein entspanntes Segeln. Irgend so ein auflagengeiler Weltumsegler hat mal ein Buch mit dem dummdreisten Titel: „so besiegte ich den Atlantik“ herausgegeben. Helga liegt auf der Plichtbank lässt sich die warme Mittagssonne auf den Bauch scheinen, räkelt sich und murmelt: „so besiege ich den Atlantik…“

Nur, die Sonne scheint hier vom Norden und so sind fast alle Segel daran beteiligt großflächig unsere Solarpannelle zu verschatten, sie leisten auf diesem Kurs nur halb so viel als Not tut, pro Tag fehlen uns etwa 60 AH !, also müssen wir für ca. 90 Minuten den Jockel gegen Abend starten um für die Nacht gerüstet zu sein.  Gegen Abend brist es auf, der Seegang wird ruppiger, die Twiga rennt mit bis zu neun Knoten unter Vollzeug bei 24 Knoten Windgeschwindigkeit, allerdings raumschots, sodass wir nur 15 Kn. scheinbaren Wind haben. Dennoch, das ist entschieden zu viel Tuch für die Nacht. Ich übernehme die Nachtwache, habe bis eben gepennt und Helga horcht für einige Sekunden an der Matratze und ist sofort eingeschlafen.

Lange Hose, Pulli, Windjacke, dicke Socken, Sicherheitsgurt, die Nächte sind – noch- kühl und feucht.

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Das Kuttersegel ist schnell eingerollt, um das Groß zu bergen luve ich 40 Grad an, das Segel kommt fix runter nur liegt die Twiga jetzt beigedreht und will nicht spontan wieder auf Kurs. Bequem wie ich bin nehme ich die Stb. Maschine schnell zur Hilfe und höre als erstes das empörte Jaulen eines Keilriemens. (Arbeit für den nächsten Tag)

Die Nacht ist einsam, kein Verkehr in meiner Wache, der Wind bleibt so um 22-26 KN, die Genua zieht uns über den Atlantik mit 6,5Kn. Das Etmal an diesem Tag ist mit 154 Meilen eine Freude, zumal Willem und Lynette uns erzählten, dass der Dean 365 langsam sei, sie sind mit ihrem baugleichen Schiff einmal rund gesegelt.

Helgas Wache beginnt mit Tee um 01:00, sie sieht in 10 Meilen Entfernung einen Tanker, Wind und Welle bleiben bis zum Morgengrauen gleich, doch mit der ersten Licht kommen größere Seen auf; oder ist es nur das Licht?

Mittwoch, 09.02.2011

Wind und See werden etwas ruhiger, doch wir bleiben bei der Genua als alleinigem Segel, 5-6 Kn. Fahrt über Grund ohne Stress. Es bewölkt sich zunehmend, blöd, weil wir die Sonne für unsere Paneele brauchen, mit bewölktem Himmel können wir gerade mal den Tagesbedarf erwirtschaften, aber keinen Strom für die Nacht bunkern. Ergo müssen wir abends bei -110 AH den Jockel starten für in etwa eine Stunde bis wir „nur“ noch -60 AH auf der Anzeige haben. Doch zuvor ist die Justierung der Stb Lichtmaschine nötig, der Keilriemen schlabbert. Enger Arbeitsraum, festsitzende Bolzen, aber mit Geduld, Öl und derben Werkzeug kommt dies wieder hin.

 Helga und ich sind auffallend müde, wir haben uns nach nunmehr eineinhalb Jahren Landleben noch nicht wieder voll an das Fahrtenleben gewöhnt.

Die Weite des Ozeans ist für uns neu, zu wissen, dass wir hier ohne wirkliche Alternativen, ohne backup auf uns gestellt sind, die Aussicht ohne Außenweltkontakte für die nächsten vier Wochen über das Wasser zu reisen sind Erfahrungen, auf die wir hin gearbeitet haben. Dies zu erleben beschäftigt mich emotional mehr als ich zuvor gedacht habe – nun ja, über diesen Aspekt habe ich vorher gar nicht nachgedacht! Müdigkeit, Wache gehen, sich umschauen in sich und auf dem Ozean nimmt die seelische Energie weitgehend auf, die Zärtlichkeit zwischen uns lebt aus relativ kleinen Gesten, Augenblicken, das sich verlieren in gemeinsamer Erotik steht noch in Warteposition.

Die Twiga nimmt die heutigen Seen, so um die 3-4 Meter, so ruhig, dass wir in der Plicht geruhsam am Nachmittag lesen können, während die Welle den Horizont verdeckt.

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Nachmittags zieht Bewölkung auf es wird kühl, der Wind brist auf, 25 Knoten und die Twiga zieht mit 8 Knote durchs Wasser, leider steht etwas Strom gegen an. Da das Heck ähnlich wie bei einem Spitzgatter gebaut ist, saugt es sich nicht fest, die Rumpfgeschwindigkeit wird leicht erreicht, nur gleiten mag die Twiga nicht.

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Der Keilriemen der Lima Stb. lockert sich, muss neu gespannt werden. Wachwechsel gegen 01:30, Etmal 145nm, recht ordentlich. Immer noch müde, die Seebeine sind noch nicht wieder gewachsen. Die beiden langen Nachtwachen scheinen gut zu klappen, sie gewähren uns beiden einen durchgehenden Nachtschlaf von mindestens 6 Stunden. Allerdings leidet unter den so unterschiedlichen Zeiten das Liebesleben: wie das Paar im Wetterhäuschen nutzen wir das breite komfortable Bett…mal schaun wie es  anders geht.

Donnerstag, 10.02.2011

Die See ist ruppiger geworden, halber Wind, und über die kleinen Wellen, die die Dünung überlagern, geht die Twiga hinüber wie über Schlaglöcher. In den Bilgen steht immer wieder Wasser, es stammt aus den Lenzpumpenschläuchen die ca. 20 cm oberhalb der Wasserlinie ausgeführt werden; Die Wellen schlagen dagegen, drücken etwas Wasser rein und da Rückschlagventile, Schwanenhälse o.ä. fehlen, entsteht hier eine paradoxe Funktion, wir werden dies spätestens in Brasilien ändern müssen.

Die Twiga läuft unter diesen Wetterbedingungen am besten, wenn sie mit 7-8 Knoten unterwegs ist

Vormittags ist es noch kühl und bedeckt, mittags wird es klar und warm.

Die Twiga segelt sehr trocken, nur auf dem Vorschiff kommt Gischt über. Der Inspektionsgang über Deck erfordert eine Sicherung, auch wenn wir zu zweit an Deck sind. Mann über Bord bei 4 Meter Welle und 8 Knoten Speed müssen wir nicht haben!

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Nachmittags wird es schnell wieder kühl, Helga wacht eingemummelt, lernt Brasilianisch, während ich mal wieder müde in der Koje liege und penne.

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Und eine Premiere auf dieser Reise: zum ersten Mal wird gekocht! Allerdings wird Helga dabei kodderich…

Abends müssen wir wieder den Jockel anwerfen, der Strom geht zur Neige, nur leider reißt der Keilriemen Stb. Also muss Ersatz eingebaut werden nicht ganz einfach, da hierzu zunächst der Keilriemen der zweiten Lichtmaschine demontiert werden muss.

Helga wollte um 19:00 in die Koje, das verschiebt sich entsprechend.

Und zu guter Letzt sehen wir, dass der Schäkel der Genua ausgebogen ist und das Vorliek ohne Zug im Vorstagsprofil hängt. Der Ersatz ist schnell montiert und der Fehler offensichtlich hausgemacht: Der Bolzen hatte sich aus dem Gewinde gelöst und der Schäkel bog sich unter der Last dann auf wie ein müder Spaghetti.

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Helga kam so erst gegen 20:30 ins Bett.

Die Nachtwache heute ist angenehmer als zuvor, der Wind wärmer und weniger feucht, es ist sternenklar und der zunehmende Mond geht erst gegen  Mitternacht unter.

Freitag, 11.02.2011

In der Plicht liegen, in die Sterne schauen, die breite helle Milchstraße verfolgen, einzelnen glänzenden Schaumkronen mit dem Blick hinterher eilen, die Eieruhr mahnt alle 15 Minuten zum Rundumblick, doch in dieser Nacht sieht nur das Radar in 24 Meilen Entfernung ein Schiff. Welch anderes Leben gestalten wir nun. Obwohl an Bord des Schiffes, das schon seit 9 Monaten unser Heim ist, verläuft unser Tagesablauf völlig anders, wir essen und trinken anders ja sogar der Appetit hat sich verändert. Bislang war ich immer mit Selbstverständlichkeit auf Fleisch fixiert, das ganze Kühlfach ist voll! aber es reizt mich derzeit nicht. Lieber Müsli, Gemüse, Tee. Nur dem Kaffeegenuss bin ich treu geblieben. Auch Alkohol, seit vielen Jahren mein regelmäßiger abendlicher Begleiter, hat keinerlei Anziehungskraft, die ansonsten liebe Angewohnheit einen Sundowner zu nehmen ist mir gefühlsmäßig derzeit fremd. So hat mein Organismus sich also umzustellen, vielleicht führt auch dies zur Müdigkeit.

Wachwechsel gegen 02:30, und zum ersten Mal kann ich nicht gleich einschlafen, ein Sehnen nach Berührung, nach Erotik steht zwischen mir und dem Schlaf, ein Gefühl über das ich mich freue, denn so spüre ich dass diese sich aus dem vorherigen „Außen vor“ wieder in unseren Lebensraum begibt.

Helgas Wache war ebenfalls ruhig, sie hat das Privileg die Sonnenaufgänge zugenießen.

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Vormittags geht der Wind auf 12 Kn zurück, das Barometer steigt, und das Großsegel ebenfalls; wir weichen etwas nach Norden aus in der Hoffnung dort mehr Wind zu finden. Helga kommt schon um 11:30 wieder aus der Koje, ein Ferientag in der warmen Plicht, und auch wir beide haben wieder viel Freude aneinander, begleitet vom Rauschen der Wellen und dem Zischen des Wasserstromes zwischen den Rümpfen.

Kaum tauchen wir wieder aus unserer Versunkenheit auf, sehen wir, dass sich die Schot des Kuttersegel gelöst hat, wieder ein unzureichend gesicherter Schäkel, also eine erneute Inspektionstour mit Werkzeug und alle erreichbaren Schäkel werden nachgezogen.

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Helga hat sich die Backbordplichtbank als Stammplatz erkoren, sie ist eifrig dabei Literatur über Brasilien zu wälzen und erste Worte des Brasilianischen zu lernen, derweil die Bettdecke in der sonnigen Atlantikbrise auslüftet. Fleißiges Mädchen! Als abendliche Routine muss wieder die Maschine gestartet werden, wenn unsere Finanzen wieder erholt sein werden steht sicherlich ein Windgenerator auf dem Anschaffungszettel! Während der Motorlaufzeit arbeitet auch der Watermaker, er verwendet die Energie die zwar von den Lichtmaschinen geliefert werden aber mangels Batterieladekapazität nicht verwendet werden können.

Samstag, 12.02.2011

Eine ruhige Nacht. In die Sterne schauen, in Windjacke Hose und Decke gemummelt auf der Plichtbank liegend, AIS und Radar sind mit weitem Warnradius auf Wache, die Eieruhr klingelt alle 20 Minuten, nur für den Fall,dass das Gleiten lassen der Gedanken in einen Schlaftraum übergeht. Wachwechsel gegen 02:30, auch in der zweiten Nachtwache keine Begegnungen, wir sind allein auf dem Meer. Der Wind flaut zunehmend ab,

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am Morgen zockeln wir mit 11 später nur noch mit 6 Knoten Wind daher. Doch erfreulich: die Twiga läuft mit dem bisschen raumschots Wind bei ausgebaumter Genua immerhin behände 4 Knoten!

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Etwas achterlicher als zuvor kommt die Brise, bislang hatten wir durchgehend halben Wind, ob demnächst der südöstliche Tradewind einsetzen wird?

Helga hat am Morgen Sauerteig angesetzt, und dann im Rohr gebacken in neu erstandenen Silikonformen, schon eigenartig, dieser Plastikkram, aber es funktioniert tadellos! Das Brot ist dann nach 3 Stunden fertig, duftet lecke eine Freude für Nase, Augen und Gaumen!

Zunächst fängt ein Ferientag an, Segeln aus dem Urlaubsprospekt, tiefblaue See, eine kleine plätscherndetl_files/twiga_inhalt/Cape to rio/cr19,3.jpgBugwelle,Tee in der Plicht, Sonne auf der Haut, angenehm gekühlt durch eine sanfte Brise, die von querab über das Boot streicht. Ein Buch in der Hand, ein brasilianischer Autor, Einstimmung auf unser noch fernes Ziel. Aus der Achterkajüte will ich mir etwas besorgen, schon vergessen as es war, und dort steht Wasser auf dem Boden. Nicht viel, aber es gehört dort gewisslich nicht hin. Schluss mit dem Urlauber an Bord, der Handwerker ist gefragt. Die Fehlersuche ergibt zwei Leckagen: Der Bordauslass der manuellen Bilgenpumpe leckt, sobald eine Welle dagegen schlägt, und das passiert häufig, da dieser nur 20 cm über der Wasserlinie liegt. Und der genau so niedrig hinausführende Durchlass der elektrischen Maschinenraumbilgenpumpe erlaubt der gegen platschenden Welle den Eintritt in den Schlauch, der das Wasser brav nach unten zur durchlässigen Pumpe leitet; ich dachte immer Bilgenpumpen sollten das Schiff trocken halten…

Der Maschinenraum ist recht eng, unter der Achterschiffkoje gelegen, nur von oben zugänglich; über Kopf hinein tauchen und darin arbeiten ist hier erforderlich. Am besten wäre es eine Wasserfalle oben anzubringen, doch dafür fehlt das Material, ein Absperrventil ist noch in der Grabbelkiste, das wird montiert

Der andere Borddurchlass lässt sich wundersamer Weise lösen ohne Schaden zu nehmen; wir bergen Segel um die restliche Fahrt aus dem Schiff zu nehmen, dann wird -ohne dass eine Welle hinein platscht!- der von alten Silikonresten befreite Durchlass mit Sicca neu eingebettet. Helga beweist wieder ihre große Anziehungskraft für diese schwarze Pampe, denn wenn eine offene Kartusche im gleichen Raum ist wie sie bleibt bei ihr immer was kleben!  Beim Refit und bei den Probefahrten waren uns die Leckagen nicht aufgefallen.

Nachmittags und abends verbringen wir mit der Freude an der Weite der See, den Farben, der gemächlichen Art des Reisens. Zur Vorbereitung auf die erste Nachtwache lasse ich mich im Vorschiff auf der breiten Koje in den

Halbschlaf wiegen, der später von Helga sehr liebevoll in einen wachen und dennoch entrückten Zustand überführt wird.

Dann etwas Abendessen in der Plicht, Spiegeleier auf geschmorter Melanzane.

Gegen 20:00 geht Helga in die Koje, sie hat die zweite Nachtwache, doch kaum ist sie unter Deck taucht neben der Twiga ein kleiner Wal auf, zweimal leider nur und bevor Helga das Deck erreicht taucht er wieder ab. Was für ein Wal das war, erkannte ich leider nicht, ein Schande - habe ich doch vor 40 Jahren mal Biologie studiert, allerdings weniger des Faches wegen, sondern weil ich mir recht romantisch erträumte, durch die Meeresbiologie einen Beruf auf See zu erlangen, was jedoch nicht geklappt hatte, lediglich die vorrübergehende Tätigkeit als Lehrer war die Folge…

Die Abendsonne zaubert brillante Farben, die Wolken leuchten Ocker auf,

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und die Abendbrise streicht erstmalig auf dieser Reise warm über die Haut.

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Eine frohe Ahnung, eine Vorfreude auf subtropische Wärme begleitet den Sonnenuntergang dieses Tages.

Nachtwache. Es bleibt milde, tüttelige Fahrt mit 3,5 bis 4 Knoten. Etwas schreiben in der Plicht, der regelmäßige Check vom AIS/Radar und Ausguck wird langsam zur Gewohnheit, die Eieruhr ist kaum noch nötig.

Gegen Mitternacht beginnt die Ruderanlage zunehmend zu quietschen, die Fehlersuche mit dem Handscheinwerfer ergibt dann, dass die Mutter, die den Ruderquadranten auf den Bolzen des Ruderschaftes Bb. pressen soll lose sitzt und die Ruderstange, die die beiden Ruder mit einander verbindet daher nicht fluchtet und in den Gelenken jault. Ein Fehler, der sich relativ leicht mit turnerischem Geschick und einem 19.Schlüssel beheben lässt, nur schön, dass  dies nicht bei miesem Wetter und Windgeheul passiert ist, dann hätte ich diesen kooperativen Protest der Ruderanlage möglicherweise nicht rechtzeitig vernommen.

Schub von achtern :in den Trade Winds

Sonntag, 13.02.2011

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So wie der Tag gestern zur Nacht wurde meldet er sich mit einem Lichtorgelspiel wieder an, Helga und eine einsame Möwe, die neben der Twiga schwimmt, verfolgen den glutroten Morgenschimmer, der, heller und leuchtender als die ausglühenden Farben des Abends, mit den Wolken spielen bevor dieser Zauber der umfassenden Helligkeit weicht.

Der Wind hatte in der Nacht weiter nachgelassen er kommt jetzt aus Südsüdost und für uns steht wieder eine Premiere auf der Tagesordnung: Die Passatbesegelung setzen. Für einen erfahrenen Fahrtensegler, der die Ozeane überquert reine Routine, aber wir haben so etwas noch nie gemacht; und die beiden Genuas, jede mit 45 m² Segelfläche stellen zusammen  beeindruckend vie Fläche dar. Doch zunächst muss ich hinauf zur Masttop und dort ein Fall an dem oberen Wirbel der Rollreffanlage einscheren, denn wir wollen die zweite Genua in der zweiten Nut des Profils der Rollreffanlage fahren. So können wir beide Segel – so der Wind zu heftig wird simultan reffen oder auch einzeln bergen- soweit die Theorie.

Also Bootsmannsstuhl rausgesucht, Helga sichert mich unten und hinauf in luftige Höh!

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as alte Segel riecht muffig, es ist grau und etwas hässlich, aber immerhin intakt, sogar die Form hat es noch bewahrt. Der Voreigner hatte es nie benutzt, aber leider 5 Jahre lang eingerollt am Vorstag belassen… besser als gar nichts und ein entsprechend großes Leichtwindsegel lag eben finanziell nicht drin.

Der Kampf mit dem Tuch ist schnell beendet, es lässt sich relativ leicht setzen nur fehlt uns dann der Wind, der die 90 m² zur Entfaltung bringen soll; der kommt erst mit der Abenddämmerung auf. Doch ohne Wind können wir

stressfrei das Reffen ausprobieren und – oh Wunder- diesmal hat die Theorie hingehauen, die Segelanordnung funktioniert!

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Wenig imposant sehen sie jetzt aus, nur gelegentlich von einem Windhauch gerundet, aufgespannt durch zwei Spinnakerbäume aus Carbon; eine lohnende Anschaffung, sie sind leicht und trotz ihrer sperrigen 5 Meter Länge von nur einer Person sicher zu handhaben, recht wichtig bei einer so kleinen Crew.

Die Stimmung steht auf Ferientag, wenn Rasmus uns schon den Wind verweigert. Raus aus den Sicherheitsgurten, die wir bei Decksarbeiten tragen, Kaffetrinken, Duschen in der Badewanne, ein richtiger Luxus, mit Seifenhandschuhpeeling, ein Hamam ist es doch nicht ganz, aber Genuss pur…

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Da wir jetzt nur die Vorsegel nützen können wir auch das Bimini aufspannen, das ansonsten der Großschot im Wege wäre; der Sonnenschutz ist jetzt schon ein Segen, denn im Schatten ist es angenehm warm, in den letzten echs Tagen haben  wir uns von dem fröstelig arktischen Benguela Strom weit genug entfernt. Unsere Terrasse mit unverbaubarem Seeblick hat ihr Dach bekommen, unser segelndes Wohnfloß hat mal wieder etwas mehr Wohnqualität gewonnen. Der Appetit ist auch wieder eingekehrt, wir haben uns langsam an das Leben auf dem Meer gewöhnt.

Richtig gekocht wird heute zu Mittag, nix exotisches, sondern Kotelett mit Rosenkohl und Kartoffeln, alles – noch- frisch.

Doch dann gibt es den ausgleichenden Frust, Die Lebenslust darf offensichtlich auch so weit ab von der Zivilisation nicht für sich da stehen:

Beim Starten der Maschine zum Batterie laden scheppert es metallisch aus dem Stb .-Maschinenraum, ein Radau, der Übles verheißt. Wir hatten in Kapstadt eine zweite Lichtmaschine für wirklich teures Geld einbauen lassen, teuer weil die Firma Volvo für Ersatzteile und Zubehör unverschämte Preise verlangt, - falls wir mal die Maschinen wechseln müssen: nie wieder Volvo! Diese neu eingebaute Lichtmaschine  war gerade dabei sich in ihre Einzelteile zu zerlegen, die Keilriemenscheibe und der Ventilatorkranz schlabberten , eifrig gezogen vom Keilriemen, um die Achse der Lichtmaschine, die Bohrung inzwischen halb auf gefräst, ein  Schaden, der mit Bordmitteln nicht zu beheben ist! Also musste ich die Lichtmaschine samt der ach so teuren Volvo-Spezialhalterung demontieren und fürderhin müssen wir den Strom aus den schwächeren Standard Lichtmaschinen beziehen. Die Montage hatte in Kapstadt die Firma Southern Marine gemacht, über deren Arbeit wir bislang geschwiegen haben. Nun aber ein klares Wort: Finger weg von dieser Firma, es sei denn man möchte jede Schraube, jeden Handgriff kontrollieren und dabei auch noch arm werden! Einfach zu teuer, zu schlecht, ein Sicherheitsrisiko für jedes seegehende Schiff.

Derweil sichtet Helga unsere Gemüse und Obst Vorräte und schleudert voller Empörung eine mit Schimmelpilz überzogene Melone dem armen Rasmus in den tiefblauen Pool, möge er dies verzeihen und die Gabe den Fischen oder sonstigem Getier überlassen! Dieses Problem ist allerdings hausgemacht. Wir hatten das Grünzeug in einen Schrank eingelagert, der zuvor eine Kühltruhe beherbergt hatte. Zur besseren Isolierung waren die Wände mit alubeschichteter Folie sowie einem dreifachem PU-Schaum ausgelegt, darunter Rot, Feuchtigkeit und Schimmel den wir nicht bemerkt hatten. Helga räumt alles aus, dann wird der Mist mittels Machete aufgeschlitzt, raus gebrochen und ebenfalls dem Rasmus anvertraut. Nun muss der Schrank austrocknen und in zwei Tagen können wir ihn innen malern und hygienisch in Schuss bringen.

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Nachtwache. Ein milder Südsüdost mit 11 Knoten wahrem Wind treibt uns voran, die Passatsegel stehen prall ,5,7  Knoten zeigt die Logge, eine leicht zunehmende Tendenz hat der Wind. Eine ältere mäßige Dünung kommt von hinten , die Twiga gleitet wie auf Schienen, das Wasser rauscht zwischen Rümpfen durch, gurgelt leise, kleinetl_files/twiga_inhalt/Cape to rio/cr39.jpg

Wolken verdecken den Mond, in der Entfernung leuchten streifenweise Wellen auf, dort wo die Wolken den Mond frei geben.

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Es wird Zeit für die Mitternachtsnotiz im Logbuch.


Montag, 14.02.2011

Flaute, Dünung von Südost und kreuzend von Nordost, zusätzlich eine Strömung, die uns über Grund eher Richtung Nigeria als Brasilien versetzt.

Das alte Segel neben der neuen Genua sieht wirklich schäbig aus, wenn das ganze Schiff noch so aussehen würde, dies wäre für uns kein Zuhause. Erst zur Abenddämmerung kommt etwas Wind auf, allerdings wieder aus Süd, fast halber Wind die Schmetterlingsbesegelung muss wieder runter.

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In der Seemannschaft lese ich nach und –trau, schau, wem!, unsere Passatbesegelung an einem Vorstag hat sogar einen Namen .“ Allrounder“, und soll bei Fahrtenseglern sehr beliebt sein. Ist mir vorher allerdings nie begegnet, drüber geschrieben wird auch nicht mehr, schließlich gibt es ja so schöne bunte Tücher wie Parasailor, Reacher, Gennaker, Spinnaker usw… für jeden Wind etwas spezielles und wir müssten ein Begleitschiff haben nur mit den jeweils passenden Segeln beladen! Aber Spott beiseite, einen Parasailor hätten wir schon gerne, es fehlt eben „nur“ am Geld. Das Etmal heute nur 44 Meilen, für (fast)Windstille auch nicht schlecht.

Unsere tägliche Reparatur darf natürlich auch nicht fehlen: Die Druckwasserleitung zieht im ansaugenden Schenkel etwas Luft und nach einiger Zeit läuft die Pumpe dann im Dauerlauf, bekommt aber kein Wasser zu fassen. Eine Undichtigkeit zwischen Vorfilter und Leitung ist der Grund, mit dem heiligen Teflonband aus dem globalem Sanitärhandel und einer neuen Schlauchschelle ist auch dies bald geregelt.

 

Dienstag, 15.02 2011

Ich wach morgens auf durch Gepolter an Deck. Es ist schon 09:00, habe geschlafen wie ein Murmeltier, Wachwechsel war gegen 03:00, die langen Nachtwachen sind für uns gut; in der Plicht ist es bequem, wer will kann entspannt dösen und nur auf Kommando des mechanischen Wachführers, der Eieruhr, regelmäßig nach dem Rechten schauen.

Helga kämpft mit dem Spinnakerbaum, der Wind hat etwas achterlicher gedreht und die Genua schlägt in der mal wieder lauen Brise. Gott sei Dank ist das Teil nicht so schwer, aber sperrig ist es schon.

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Tagsüber bleibt der Wind lau, mit einem Seil um den Leib könnten wir glatt schwimmen gehen, bleiben aber doch an Bord. Neben dem Schiff tauchen Besucher auf, vier riesige Delphine, sie sind an uns als Spielkameraden leider nicht so recht interessiert, schauen nur zweimal zu uns hoch und tauchen dann wieder ab. Ein einsamer Fisch, sieht so aus wie eine richtig große Makrele begleitet uns einige hundert Meter, in dem fast glattem tiefblauem Wasser ist sie klar mit ihren braun blauen Schuppen zu erkennen.

Zu Anfang der Reise meinte Helga, so richtig kochen und fein zu essen, nee, das kann sie sich nicht unterwegs vorstellen! Heute saß sie hinter dem Laptop und schrieb Rezepte auf, als erstes das heutige Mittagsmahl mit einer leckeren Avokadocreme zu frisch gebackenem Brot. Die Erfahrungen der letzten Tage haben gezeigt, dass die Töpfe nicht vom Herd springen, Teller und Becher auf dem Plichttisch bleiben, ja sogar Tischdeckenwährend des Segelns benutzbar sind, das ist doch ein anderes Leben als auf einem Mono.

Auch die Decksdusche auf der hinteren Badeplattform ist geräumig, mit dem Wasser gehen wir allerdings trotz des Watermakers sparsam um, denn der Strom ist leider knapp und Diesel haben wir eher geizig gebunkert.

Mit Seife, Salzwasser und einem rauen Hamamhandschuh] rücken wir den toten oberen Hautschichten zu Leibe, grau braun rinnt die Seifenspur den Körper runter, das schon ca. 20 Grad warme Atlantikwasser spült sie als Schwellguss erfrischend zu den Füßen.

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Die Frischwasser- Dusche muss nur noch das Salz an Neptun, den edlem Spender zurückgeben und das Handtuch sowie die späte Nachmittagssonne sorgen für ein warmes frisches Gefühl. Sich eincremen lassen, derweil den weiten Horizont betrachten dessen Wellen so variationsreich vorbeiziehen wie die Hügel in Schleswig- Holstein, alles flüchtig, jedes Bild, jede Handlung , jede Empfindung ein Augenblick, eine kurze Gegenwart, kein Bild, keine Empfindung ist wieder auffindbar, aber in der Gesamtheit als Tag der abendlichen Betrachtung erinnerlich.

Früher,vor rechnerisch 6 Jahren, und emotional onen weit weg, als ich noch im Beruf stand, waren ach so viele Dinge, Perspektiven, Pläne, von überragender Bedeutung, jetzt ist es eher der Augenblick. Jorge Luis Borges, ein argentinischer Schriftsteller und Philosoph hat darüber zwei Jahre vor seinem Tod geschrieben. Und zu den Besonderheiten der Augenblicke zählt auch, dass wir seinen Sätzen in Österreich begegneten, auf eine Tafel

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geschrieben an der Ziegelwand eines alten Schuppens im Garten eines Spenglermeisters. Eine kurze, beeindruckende Begegnung, die Spuren in uns hinterließ.

In der ersten Nachtwache, Helga hat sich gegen 21:00 hingelegt- finde ich wieder Wasser auf dem Fussboden der Stb.- Kajüte:  die Fehlersuch zeigt, dass im Wandschrank, hinter dem Wärmetauscher, der uns hingebungsvoll Warmwasser zu Abwaschen und Duschen spendet der Borddurchlass der Bilgenpumpe abgebrochen ist, das Teil besteht aus Nylon und ist nicht zu reparieren. Um die Freude komplett zu machen ist die Schadensstelle nur schwer zugänglich, davor sind reichlich Leitungen und Schläuche. Ein Leckpfropfen mit etwas Sicca schafft unvollständige Abhilfe, denn immer wenn eine Welle gegen die Bordwand klatscht werden trotz dieser Maßnahme einige Löffel Seewasser hineingepresst, da werde ich mir morgen etwas einfallen lassen…

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An das Radar und das AIS gewöhnen wir uns schnell; mit dem Radar sind auch Regenwolken nachts zu erkennen sowie ihre Zugrichtung mit der Nachverfolgungsfunktion darstellbar; soeben ausprobiert, denn die dicke tiefhängende Wolke, die uns verfolgte erreichte die Twiga mit einem kleinen Schauer, fix mit dem Laptop rein in die Kajüte! Übers AIS konnte ich heute Nacht einen Frachter mit Rufzeichen und Namen in der Nähe identifizieren. Ein Anruf mit diesen Informationen und schon war der Kontakt vorhanden. Und freundlicherweise haben sie uns den letzten Wetterbericht durchgegeben, guter Segelwind in den nächsten Tagen mit nur mäßiger Welle.

Mittwoch, 16.2.2011

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Jetzt geht es zügig voran. Der Wind frischt auf, die Segelfläche wird kleiner, der Speed nimmt zu und die Welle auch. Einige Regenwolken spielen mit, kurz Nieselregen am frühen Morgen, doch Wind und Wasser sind warm. Wir sind westlich von der Valdivia Bank, in den Morgenstunden  ziehen drei Frachter vorbei, nach USA, China und Afrika.

Der gelegentliche Regen fällt meist woanders; aus der Ferne spendet er dann die Farbenpracht eines morgendlichen Regenbogens.

Die Wellen entwickeln sich, im Laufe des Tages werden sie bis zu 4-5 Meter hoch, laufen hinter uns her, überholen uns, Schaumkronen brechen  links und rechts von der Twiga, doch die Blasenspuren der Heckwellen beruhigen die Wellen hinter uns, wir segeln völlig trocken, auch als der Wind mehr als 25 Knoten fix pustet. Das Großsegel wird geborgen, die Genua reicht völlig aus um uns mit 8 Knoten über den Atlantik zu ziehen.

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So ein Segeltag ist ausgefüllt. Alles um uns herum ist in Bewegung, die Wolkenbilder, die Wellen, das Farbenspiel, unsere eigenen Empfindungen und natürlich auch das Boot. So wie diese Reise unsere Premiere einer Ozeanpassagen ist, so macht die Twiga tatsächlich ihre verspätete Jungfernreise. Seitdem sie die Werft verlassen hatte ist das Schiff nie zuvor aus der Lagune herausgekommen, auf der Logge – vor 17 Jahren eingebaut- standen mal gerade 240 Meilen, alle gefahren vom Hafen zum Ankerplatz für die nächste Party!

Ich bin innerlich ziemlich  angespannt, das Neue erlebend und gefasst auf Überraschungen ; Helga macht auf mich einen viel gelasseneren Eindruck. Sie schläft wie ein Murmeltier während ihrer Freiwache,  die Siesta in der Plicht ist ebenfalls erholsam. Meine Gedanken und Empfindungen irrlichtern, sie erscheint entspannter, fokussierter.

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Die Nachtwachen haben einen wichtigen Platz in unserem Leben. In diesen Nächten untermalt das Zischen des Heckwassers, das Gurgeln der Welle zwischen den Rümpfen, das Rauschen der sich brechenden Heckwelle  den Wechsel am Himmel, Sterne, die Milchstraße, heute der Vollmond, wir haben eine durchgehende nächtliche Dämmerung.

Donnerstag, 17.02.2011

In Helgas zweiter Nachtwache hatte sie richtig zu tun. Der Wind hatte schon während meiner Wache aufgefrischt, die Genua war schon etwas gerefft, doch dann in den frühen Morgenstunden kam eine Regenfront anmarschiert mit 35 Knoten Wind und einer Warmwasserdusche, Rasmus hatte den Strahl von achtern waagerecht in die Plicht geleitet, bis in den Saloon reichte seine feuchte Aussprache. Helga hat fix weggerefft bis nur noch ein Badehandtuch stand, welches aber noch für  5 Knoten Fahrt reichte. Gott sei Dank haben wir die Rollreffanlage für die Genua erneuert, sie lässt sich leichtgängig, ohne zu haken, bedienen.

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Ein weiterer zügiger Segeltag, ein Drittel der Atlantiküberquerung haben wir heute hinter uns gebracht.Keine Fischer, keine Frachter, nur einige fliegende Fische die aus einem Wellenkamm heraus springen und mit flimmerndem Flossenschlag fast waagerecht über das Wasser flitzen. Das Wiedereintauchen geschieht fast ohne Spritzer, als sei dies für Lebewesen im Grenzbereich  kein Übergang von der einen in die andere Welt.

Der Wind lässt im Laufe des Vormittags etwas nach, verstetigt sich auf 18-20 Knoten aus Südost, die Wellenberge werden niedriger von fünf Metern runter auf drei bis vier, für uns kein wirklicher Unterschied, denn die Twiga zieht unbeirrt ihre Bahn, die Selbststeueranlage arbeitet mit effektiver Ruhe, wir sind froh die etwas groß dimensionierte eingebaut zu haben, auch wenn dies recht umständlich und auch etwas teurer war, als die üblichen Radsteueranlagen.

Bezüglich der Reparaturen und technischen Auffälligkeiten wollen wir noch eine Liste anfertigen, denn auf so einer ausgedehnten Jungfernreise fallen doch allerlei Fehler und unteroptimale Dinge auf, dieden Erbauern und zuletzt uns während des Refits entgangen sind.

Und obwohl nicht alles an diesem Schiff in Ordnung oder gar perfekt ist:

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Ich stehe auf der Plichtbank schaue über das Doghouse nach vorne in die abendliche Dämmerung, höre das Rauschen , das Zischen des Wassers und freue mich unbändig über dieses schwimmende, reisende Zuhause, das wir uns gemeinsam geschaffen haben; es segelt , bringt uns flott über den Ozean, es ist bequem, gutmütig, in der Handhabung einfach, auch eine Person alleine kann diese Schiff ohne weiteres führen. Und ich freue mich über meine Frau, die jetzt vorne in unserer großen Vorschiffskajüte schläft, freue mich über ihre Liebe, ihren Mut, ihre Sinnlichkeit, ihre Fähigkeit in der Natur zu leben. Und ich bin glücklich durch ihre Fähigkeit sich Lieben zu lassen.

Mitternacht ist vorüber, Wachwechsel gegen 02:15, verschlafen kommt Helga aus der Koje; hinterlassene Wärme, hinein gekuschelt, schlafen.


Freitag, 18.02.2011

Morgens duftet es im ganzen Schiff; gegen 10:30 klappe ich mein linkes Auge vorsichtig hoch, mit schnuppernden

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Nüstern, dem Schlaf noch verfangen. Frisches Brot schwebt durch die Luft, doch da ist auch noch eine fruchtige Note, sie erinnert an kalte Winterabende als Kind.

Helga hat Brot gebacken am Ende ihrer Nachtwache und die Anheizzeit des Ofen genutzt um Bratäpfel nach dem Rezept ihrer Großmutter zu bereiten. Nachts hatte es einige kurze Schauer gegeben, doch der Wind blieb und bleibt stabil, der Passat hat uns im Griff.

Leider verbrauchen wir mehr Strom als die Solarpaneele liefern und in Südafrika haben wir die Eselei begangen den Diesel Vorrat so sparsam zu gestalten, dass wir jetzt sparen müssen um später vor der Südamerikanischen Küste noch Manövrierreserve zu haben. Also wir tagsüber die Navigation abgeschaltet und der Kühlschrank im Intervall betrieben, der Autopilot läuft schon auf niedrigster Stufe.

Ausschau muss allerdings unter diesen Umständen recht genau gehalten werden: einen entgegenkommenden Containerfrachter sahen wir erst in 2 Nm Entfernung, die Amundsen lief 12,4 Knoten, wir 6, also ergibt sich eine Annäherungsgeschwindigkeit von 18,4 Knoten. Bei der vier Meter hohen Dünung haben wir das Schiff erst sehr spät gesehen, es passierte dann in 0.9 Nm Entfernung.

 

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Ich bin kränklich, Glieder und Kopfschmerzen, schlapp. Etwas Besserung gibt es mit Elektrolyten und Vitamin C, doch Helga sagte mir man könne zuschauen wie ich verfalle, altern im Zeitraffer, gruselig! Aber hoffentlich  reversibel.

Ich schlafe bis 21:00, die Nachtwache geht dann bis 04:00, ruhig, die Nächte werden zunehmend lau, eine dünne Jacke reicht schon aus.

Samstag, 19.02.2011

Unsere Etmale liegen so zwischen 120 und 140 Nm, allerdings fahren wir auch nur Genua und Kuttersegel, zu faul um die zweite Genua wieder einzuspannen und nachts ist das riesige Tuch etwas unheimlich mit den nächtlichen Regenschauern und den gelegentlichen Böen. Also kein Regattasegeln, sondern hübsch sinnig von einer Meile zur nächsten…

Auch ansonsten ist eine ruhige Gangart angesagt; Dem Meer zuschauen und lauschen, erleben wie das Schiff sich bewegt, etwas essen, etwas reparieren, schlafen, wachen, lesen, von allem etwas, nichts in Eile.

Im Hintergrund baut sich für mich eine List der zu erledigenden Dinge auf, alle Überwasser Bordauslässe müssen erneuert  und mit Schwanenhälsen sowie Absperrventilen versehen werden, denn derzeit lassen die Lenzpumpenauslässe  kontinuierlich Wasser ins Schiff. Die Zusatzlichtmaschine Stb. muss repariert und neu installiert, das gesamte Energiekonzept sollte überdacht werden.

Schon der Gedanke daran, dass in zwei drei Wochen wieder der Handwerker gefragt ist, freut mich nicht, heute mag ich mich selber nicht, grippig in den Gedanken träge, meine Sinnlichkeit dümpelt irgendwo unter einer Deckschicht… da war doch noch was…

Helga ist Gott sei Dank besser drauf, genießt die Weite des Meeres, liest, lernt brasilianisch, informiert sich über unser Zielland, es ist wirklich riesig.

Tagsüber, so zwischen 10:00 und 17:00 sind wir beide wach, dann bröselt es mich und zwei Stunden Schlaf bis zu meiner Nachtwache waren in den letzten Tagen Routine. Das Segeln übernimmt die Twiga in enger Absprache mit dem Autopiloten, der dringend getauft werden müsste, schließlich ist er das nimmermüde eifrige Besatzungsmitglied. Mit dem letzten Sonnenlicht beginnt dann meine Nachtwache, Helga ist dann ab  02:00 oder 03:00 dran.

Sonntag, 20.02.2011

Die Energiebilanz zeigt, dass wir – solange tagsüber die Sonne scheint- wir unseren Bedarf nur ganz knapp decken können, da ab 14:00 die Segel die Solarpaneele verschatten, ansonsten würde es ausreichen.

Montag, 21.02.2011

Der Wind flaut ab und dreht nach OSO. Der Schmetterling wird wieder gehisst

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und die Twiga läuft bei Leichtwind – 6-8 Knoten Wind- immerhin noch 4 Knoten Speed, recht ordentlich! Ein

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Renner ist sie nicht, die Rumpfgeschwindigkeit beträgt 8,6 Knoten und ins Gleiten kommt sie auch nicht; sie ist bezüglich der Reisegeschwindigkeit einem modernen Mono vergleichbar, aber eben mit einer ungleich höheren Lebensqualität. Und dies ist auch ein Sicherheitsaspekt, denn wir sind, trotz 24 Stunden Wache entspannt und sogar zunehmend erholt…

In der Nacht auf Dienstag begegnen uns zwei Schiffe, Abwechslung in der Weite des Atlantiks. Der indische Frachter gibt uns die neusten Wettermeldungen: wie gehabt.

Nach der Halbzeit : Flautenauf einem stillen Ozean

Dienstag, 22.02.2011

Heute haben wir die halbe Strecke nach Rio geschafft! 1768 Nm  haben wir seit Myconos  laut  GPS hinter uns gebracht. Es ist auch wieder an der Zeit die Uhr weiter zu stellen, wir gehen jetzt auf UTC, ein bisschen spät dafür , aber wir sind ja für diese Wochen auch die Herren über unsere eigene Zeit, die auch schnell vergangen ist; Helga bereitet sich jeden Tag sprachlich auf Brasilien vor, ich kann mich noch nicht so recht aufraffen. Wegen der anhaltenden Müdigkeit, die heute auch Helga befallen hat forsche ich etwas nach und finde heraus, dass unser Watermaker fast reines Aqua dest. geliefert hatte, allerdings bei einem verälngertem Spülgang mit Leitungswasser, aus dem er dann Aqua dest gemacht hatte. Und wir haben dieses unkritisch als besonders gutes Trinkwasser gebunkert. Bei der Verwendung von Seewasser - siehe auch den entsprechenden Artikel in der Rubrik Technik - arbeitet der Watermaker aber ganz famos! Nicht ganz ungefährlich und wir haben es in gutem Glauben so getrunken, einen Test wie viele ppm enthalten sind haben wir nur einmal bei der Installation gemacht und da waren es über 300 jetzt sind es nur 5. Das kann schon Schläfrigkeit und Kopfschmerzen rklären. Also wird das Wasser mit etwas Meerwasser angereichert und wir nehmen beide Extraportionen] von Elektrolyten ein.

Mittwoch, 23.02.2011

Bis zum späten Nachmittag ein Tag des ruhigen Dahingleitens, mit wenig Wind schnurrt die Twiga durch das Wasser, leise gurgelnd  bei drei Knoten, eine zischende Beimischung kommt hinzu sobald sie schneller läuft, später dann auch ein Rauschen und rhythmisches gleitendes Schlagen im Tunnel zwischen den Rümpfen, die Palette der Geräusche verrät auch ohne Blick auf die Instrumente, auch ohne das Heckwasser zu betrachten die augenblickliche Geschwindigkeit. Mit den 96 m² Passatbesegelung nutzt das Schiff auch die kleinste Brise aus, bei Windstärken um 6 Knoten in den letzten 24 Stunden haben wir immerhin 84 Meilen geschafft.

Die Müdigkeit ist weniger geworden, mein Blick weitet sich wieder, endlich!

Es ist wie ein inneres Aufatmen, ein Herumschauen in der Weite des Ozeans. Freude über die Intensität dessen was da ist, die Weite und Klarheit der Natur auf dem Meer, Freude über all das was nicht hier ist und der Enge des Landlebens mit all seinen Zwängen wie notwendig oder auch willkürlich diese auch sein mögen. Und Willkür gibt es hier nicht; nur eine Natur mit der und in der wir leben mit Hilfe unseres Schiffes. Unabhängig für viele Wochen von anderen Menschen und deren Strukturen, auf uns gestellt, ein so viel anderes Leben als an Land.

Heute gibt es wieder die Freude über ein frisch gebackenes Brot, es duftet nach Kümmel, Koreanader und in dem heißen Rohr hat Helga auch noch Aubergine, Kartoffeln und Mais gebacken.

Nachmitttags brist es wieder auf, der Wind dreht leider auch etwas nach Ost, ja sogar mit einem kleinen nördlichen Einschlag. Außerdem fällt das Barometer. Wir müssen das Passatsegel wieder bergen und es geht unter Genua, Groß und Kuttersegel weiter.

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Wir schauen in das tiefblaue Wasser, beobachten vorne auf dem Vorschiff die Bugwelle, zischend mit nur wenig Welle gleiten die Rümpfe durch die See. Die Fokussierung auf die Sinnlichkeit des Wassers und die in die Haut gleitende Wärme des Windes schließt auch uns ein.

Nur leider – der Wind wird heftiger, die Twiga galoppiert und die Genua schlägt gelegentlich mit heftigem Knallen, das Kuttersegel muss geborgen werden, Segelfläche verkleinern.

Es ist früher Abend geworden, ich gehe in die Koje, ein wenig pennen, bevor die Nachtwache beginnt.

Siesta. Dösen, Einschlafen zu dem Zischen, Gurgeln und Klatschen des Wassers zwischen den Rümpfen, der Melodie von sechs Knoten Fahrt.

Zu Beginn der Nachtwache berge ich in der einsetzenden Dunkelheit das

Großsegel, es pustet noch kräftig.


Es ist nun Mitternacht vorbei. Der Halbmond, fleckenhaft von Wolken am Horizont verdeckt, steht jetzt hinter dem Heck, hellgelb leuchtend, die Lichtbahn im Wasser, von Wellen gehoben, gebrochen und reflektiert geht in das Kielwasser über. Ruhig ist es geworden, wir gleiten gemächlich mit 4 Knoten dahin, kein Schiff weit und breit. Helga ist seit 20:00 im Bett, dessen opulente Breite wir auf dieser Reise nur selten teilen können. In zwei Stunden, gegen 03:00 werde ich ihr die Wache übergeben, mich in ihre Wärme hüllen.


Donnerstag, 24.02.2011

Helga hatte mal wieder einen spektakulären Sonnenaufgang um 06:25h während der Halbmond im Zenit stehend erblasste, seine leuchtendes Hellgelb in ein wolkiges Weiß verwandelte. Die Wechsel von Tag zur  Nacht, vom Sternenzwielicht zur Sonne  sind die Höhepunkte dieser Tage, die Wolken wechseln ihre Farben, das Meer changiert, die Twiga und wir erglühen in farbenreichen Kontrasten.

Heute Morgen hing eine dunkel-schwere Wolkenwand dicht über dem östlichen Horizont, ein Fenster frei lassend durch das die Sonne aufgehen durfte.

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Danach gab`s den ganzen Tag entspannte Rauschefahrt unter Genua und Kuttersegel bis zum Abend. Dinner in der Plicht, Schweinefilet auf Ananas, delikat. Eine ruhige Nacht schloss sich an, in der ich bis 04:00 am PC während der Wache arbeitete (Bericht über den Watermaker).

Freitag, 25.02.2011

Nach dem Aufwachen sehe ich, dass Helga Türen und Wände mit Aufklebern gespickt hat, sie sind mit brasilianischen Worten, Zahlen und Redewendungen bedeckt, so haben wir diese Basics ständig vor Augen, jedenfalls wenn wir nach unten gehen. Doch zunächst geht keiner nach unten, Müsli futtern den noch oder wieder müden Kopf in der Plicht betten, dösen, langsam in den Tag hineinkommen, dem leisen Plätschern des Kielwassers lauschen, es erzählt so von der gemächlichen Fortbewegung.

Die Sonne wärmt kräftig, unter dem Bimini zieht ein angenehmer Hauch über meinen Bauch, Feude lässt mich wacher werden, Sehnen nach Berührung, sich aus dem Unterleib heraus ausbreitend, zunächst unbewusst, dann den Herzschlag beschleunigend, die Haut kribbelt wellenförmig, eine wohlige Beklemmung in der Brust erreicht das Bewusstsein, und Helga ist neben mir , wir stehen in der Plicht, schwankend mit geschlossenen Augen das

leichte Schaukeln der Twiga in den Wellen ausgleichend, was allerdings dann doch in einen Plumps auf die Plichtbank einmündet.

Der Wind flaut weiter ab, dreht wieder ein wenig, das Passatsegel geht wieder hoch, aber ob der Wind von Hinten, Oben oder gar nicht kommt ist nicht gewiss. Wir experimentieren ein wenig herum, die Frage ist, wie können wir den Manövrierwinkel vor dem Wind mit den Passatsegeln erweitern? Ca. 15 Grad zu beiden Seiten ist kein Problem, doch danach bremst das luvwärtige Segel sofort. Bevor wir eine gescheite Lösung finden bleibt der Wind allerdings völlig weg.

Beim Segelbergen bricht dann auch noch durch den Zug der Genuareffleine die Bb. achterliche Relingsstütze aus der Verschweißung ihrer Basis heraus, die Umlenkrolle der Reffleine befestigen wir provisorisch am Gerätetragebügel, der wird den Zug sicherlich aushalten.

Der frühe Abend bringt eine Regenwand, die einen Regenbogen an den nördlichen Himmel zaubert, während die tiefer sinkende Sonne gelb und kontrastreich leuchtet.

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Der Sonnenuntergang präsentiert wieder ein warmes Farbenfeuerwerk, ein Fest für die Augen. Mit einem milden Lufthauch glüht das ferne Feuer bis in die Haut.

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Die Nacht bringt uns ein Flautensegeln mit milden 4 Knoten Wind über den leeren Ozean, kein Vogel kein Schiff,

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nichts und niemand außer der Weite des Meeres und uns. Die Segel knistern wellenartig auf und abschwellend,  erst ab 5 Knoten bleiben sie dauerhaft entfaltet. Und dennoch gleitet die Twiga mit drei Knoten Fahrt durch die Nacht, getrieben von den grau-silbrig schimmernden Segeln, deren gemeinsame Spannweite mit zehn Metern zu beiden Seiten weit auslädt. Die Nächte werden wärmer, nur noch eine dünne Jacke ist erforderlich, die Zwiebelschalen sind runter auf eins.

Der Mond taucht honiggelb aus dem glatten, spiegelnden Wasser des Horizontes  um 01:30 auf, die abnehmende Sichel liegt auf dem Rücken, die Rundung nach unten, so als ob er jeden Moment anfangen würde sich hin und her zu wiegen; für den Nordeuropäer ein ungewohnter, umgekehrter Anblick, fast so fremd wie der Linksverkehr in Südafrika.

Samstag, 26.02.2011

Flautensegeln. Vorgestern hatte ich mal gewünscht  zwei Tage zu ankern, irgendwo, nichts zu tun, keine Wache schieben… Nun, Rasmus hat es offensichtlich gütig vernommen, denn der Wind blieb weg, Ankern überflüssig, die Kette wär eh zu kurz. Etwas Strömung und ein gelegentlicher Lufthauch treiben uns dem Südamerikanischen Kontinent mit 1,5 Knoten näher, das Wasser reflektiert den Himmel tiefblau, ein Katzenpfötchenwind lässt kristallene  Spiegelungen aufblitzen. Zeit für ein Bad, mit einer Leine um den Bauch 20 Meter hinter der Twiga kommt sie stramm und zieht mich lässig hinterher.

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Zeit auch für eine Inspektion der Rümpfe, der Ruder  und Saildrives; ein kleiner schwarz weiß gestreifter Fisch leistet mir kurze Zeit Gesellschaft.

Die Twigatreibt derweil mit ausgebaumt hängender Passatbesegelung träge weiter. Dass wir überhaupt noch Fahrt durchs Wasser machen grenzt schon an ein Wunder.

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Wir haben Zeit und genügend Vorräte, es eilt uns nicht, dieTwigaküche bot heute dünn aufgeschnittenes Straußenfleisch, frisch gebackenes Brot, geröstete Kartoffeln mit Olivenöl, Rosmarin und Knoblauch, einen Spargel/ Gurkensalat. Siesta. Drei Stunden Arbeit, Boot aufräumen, putzen, die lecken Wasserauslässe – drei an der Zahl – reparieren, und einen Schwanenhals einbauen, damit die Welle nicht mehr durch den Lenzschlauch in die Steuerbordbilge steigen kann. Die meiste Arbeit erfolgt über Kopf in der Enge des Motorraumes.Dann erneute Siesta.

Der leichte Lufthauch dreht nach Süd, die Passatbesegelung muss wieder runter außerdem kommt von achtern eine breite Regenwolke auf, die uns allerding dann doch nicht erreicht.

 Die Uhrzeit haben wir  heute wieder angepasst, der Sonnenuntergang erfreut das Auge heute kurz nach sieben.

Helga weckt mich aus meinem Abendschlummer zur ersten Nachtwache, draußen sei es immer noch so warm, dass auch nachts die Textilien überflüssig seien, ich will aber gar nichts hören, den Schlaf noch nicht verlassen. Doch meine Haut kann fühlen, ihre kühlen Hände überstreifen mich, sie kuschelt sich von hinten an mich ran. es ist wirklich schöner erst mit dem Gefühl und erst dann mit der Ratio zu erwachen! Und so gleite ich, durch eine Übergangswelt,in die Wachheit, in die sternenklare Nacht hinein, während Helga den Übergang zum Schlaf findet.

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Sternenwache. Ein gelegentlicher Lufthauch, seit drei Tagen keine Schiffe, eine großartige Abgeschiedenheit. Ich schau in die Sterne, die Milchstraße, die Bilder verlassen die Gegenwart, vermischen sich mit ähnlichen Bildern und Empfindungen vergangener Jahrzehnte in deren Kaleidoskop Natur und Sinnlichkeit durch die Haut, im Blick und im Sinn zeitlos durcheinander purzeln und dadurch ein Ganzes sind.

Sonntag, 27.02.2011

Drei Wochen auf See; heimlich hatten wir gehofft eine schnelle Überfahrt zu machen denn mit etwas Wind läuft die Twiga recht geschwind. Doch auch heute umgibt uns der Wind mit einer umlaufenden Flaute, in der diskrete Lufthauche aus den unterschiedlichsten Richtungen innerhalb weniger Minuten die Segel knisternd hin und zurück bewegen, zu wenig Zeit haben Druck aufzubauen, die Twiga wird von der Strömung weitergetragen. Eine lange Dünung kommt tagsüber aus dem Süden angerollt, eine bleigraue flache Hügellandschaft, deren Wellen  vier Meter hoch sind, deren geschwungene Oberflächen von den leisen Luftbewegungen mal in die eine dann in die andere Richtung gekräuselt werden. Der Himmel ist bedeckt, am Horizont stehen im Süden Regenwolken, die uns nicht erreichen. Doch deren Spiegelung im Wasser färbt den gestern noch azurnen Atlantik grau. Eine einsame Schwalbe taucht auf und gleitet, Insekten jagend, im Tiefflug über die Dünungshügel und Täler. Der kleine schwarz weiß gestreifte Fisch begleitet uns noch immer, heute schwimmt er vor dem Steuerbordbug voran, wir langsamer bis die Twiga seine Schwanzflosse erreicht, dann zischt er wieder voraus, ein Spiel für Stunden.

Wir sind noch gut tausend Meilen von unserem Ziel entfernt. An diesen Flautentagen kommen wir nicht weit, vierzig bis fünfzig Nm Etmal erziehen zur Geduld. Langweilig wird allerdings so auch nicht, es gibt immer etwas zu schauen, zu erleben, durch den Himmel, die See oder durch uns selber. Es wird wohl doch insgesamt sechs Wochen dauern bis wir ankommen werden, kein Problem, an sich sogar recht schön, denn wir finden Gefallen an dem Leben auf See. Die ganzen Aufgeregtheiten, wichtigen Bürokratien, die Eile, die Autos, die Menschenmengen- wir vermissen sie nicht. Und Proviant haben wir noch reichlich. Unser Appetit hat sich auch verändert. Zuvor hatten wir jeden Tag Fleisch gegessen, das in Südafrika vorzüglich und preiswert ist, jetzt drängt es uns nicht danach, obwohl das Kühlfach mit Straußenfleisch, Lamm, Rinderfilet etc. voll ist. Müsli,  Salat, frisch gebackenes Brot steht im Vordergrund. Und Bier sowie Wein gibt es auch nicht mehr, sogar ich vermisse dies nicht, obwohl ich in den vergangenen dreißig Jahren  - sofern ich keinen Notdienst hatte- abends immermit Wein oder Bier den Tag abschloss. Doch heute Abend haben wir uns einen kleinen Schluck

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Whiskey zum Tee bzw. Kaffe nach dem Abendessen gegönnt, der erste Sundowner auf See. Jetzt in der Nacht hat der Wind  sich etwas verstätigt, er kommt aus NNO, schwach mit 4 Knoten, aber es reicht um die Segel zu füllen und uns mit drei Knoten Fahrt voran zu schieben.

Am nördlichen Scheitelpunkt der Reise

Montag, 28.02.2011

Zwei Drittel der Strecke liegen jetzt hinter uns, wir bewegen uns auf den 19. Breitengrad zu, halten uns nördlich von südlichen Tradewind- Grenze, denn dort liegen die Flauten. Und den Wind haben wir auch wieder gefunden, mäßig und angenehm, etwas böig, da kann  die Twiga zeigen wie gut sie laufen kann. Der Autopilot hat Dauerwache, bislang hat er kein einziges Mal geschwächelt. Wir haben ihn auf eine sehr niedrige Empfindlichkeitsstufe eingestellt, da verbraucht er wenig Strom, allerdings können Wellen das Schiff bis zu 10 Grad vom Kurs abbringen bevor er reagiert. Insgesamt läuft das Schiff jedoch so stabil, dass das Kielwasser schnurgerade erscheint. Noch ein, zwei Tage, dann können wir  wieder etwas nach Süden halten und unser Ziel anliegen. Das Ziel hat sich geändert: nicht mehr Rio , sondern Vitoria, eine Hafenstadt 200 Meilen nördlich von Rio, gelegen in einer weiten und tiefen Bucht, die am Nordufer den zweitgrößten Erzverladehafen der Welt beherbergt und am Südufer die alte Stadt samt traditionellem Hafen und Marina aufweist. Der Weg dorthin ist etwas kürzer, wir können dort Diesel bunkern und die Bürokratie soll   auch freundlich sein. Und irgendwie passt das alles recht gut, schließlich waren wir in der Langebaan Lagune in einem freundlichen Hafen und am Nordufer der Bucht befand sich der größte Erzverladehafen Afrikas. Wir hätten auch gerne noch die Insel Trinidade angelaufen, jedoch meint die Seekarte, dass dort ein militärisches Sperrgebiet sei, schade; allerdings sind auch keine Hafenanlagen die als Stützpunkt dienen können erkennbar. Wenn wir beim Vorbeisegeln dicht genug herankommen um über VHF Kontakt zu bekommen wollen wir nachfragen.

Die Navigation im Südatlantik hat eine Besonderheit: die Missweisung beträgt bis zu 25 Grad. In einem über 1000 Meilen langen ovalen Feld unterhalb des 20. Breitengrades befindet sich das Zentrum dieser Anomalie.

In dieser Gegend gibt  es auch keinen Schiffverkehr. Trotz regelmäßiger Kontrolle per Sicht, AIS und Radar haben wir seit vier Tagen kein einziges Schiff geortet. Da ist die Versuchung groß die Nachtwachen einfach einzustellen und pennen zu gehen. Andererseits  sind diese nächtlichen Stunden auch sehr schön: In die  Sterne hinein zu träumen, die Sinne zu öffnen, den Geräuschen des Wassers, der Segel zu zuhören, die Schiffbewegungen und die Brise zu spüren, alles intensiver als tagsüber, wo die Sonne, das Licht ablenken.

Eine Freude die Kielwasserspuren wieder brodeln zu sehen!

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Die Anschaffung der Carbon Spinnakerbäume hat sich gelohnt: bei raumen Wind baumen wir die Genua ständig aus, sie fällt bei böigem Wind nicht mehr zusammen und schlurt mit dem Unterliek nicht mehr über das Kajütdach; wir hatten darauf zunächst nicht geachtet  und die Quittung ist ein ausgefranzter Schonstreifen, denn die Rauheit des Antirutschbelages an Deck hat das Unterliek aufgeschmirgelt.

Dienstag , 01.03.2011, Regattafeeling und Decksdusche

Es geht weiter flott voran, in Nähe von Regenböen brist es richtig auf und die Twiga läuft dann mit 7-8 Knoten. Vorne in der Koje rauscht und zischt es dann als stecke man bis zum Hals mitten in einem Gebirgsbach, recht beunruhigend, denn dieses Geräusch ist noch nicht vertraut genug um es als Teil der täglichen Normalität zu erleben. In diesem Geschwindigkeitsbereich müssen wir noch vertrauter mit unserem Schiff werden; welche Kräfte wir der Twiga ohne Bedenken zumuten können ist so einfach nicht erkennbar, dafür fehlt die Kränkung eines Monos, der einem die Grenzen deutlich aufzeigt. Zunächst schauen wir auf den Speed und solange wir nicht in den Grenzbereich der Rumpfgeschwindigkeit (8,6 Knoten) kommen dürften keine Überforderungen  bestehen, wir lernen noch.

Heute Morgen wehte es wieder recht kräftig und Helga genoss das Regattafeeling mit 7,5 Knoten in dem farbenfrohem Licht des Sonnenaufganges, während südlich davon eine Regenwand hinter der Twiga herlieft, sie aber nicht erreichte, wie zu sehen ist hatte Helga sie einfach abgebürstet!

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Unseren Watermaker nehmen wir fast kaum in Betriebwegen des Energiemangels. Die Decksdusche erfolgt mit der Deckwaschpumpe, warmes Seewasser in Mengen, dann schrubben und zum Abschluss sparsam mit Süßwasser abspülen.

Mittwoch, 02.03.2011, Regenwände

Ausgedehnte Regenwände begleiten unsumgeben die Twiga. Kilometerbreite Böenstreifen treiben den Regen voran, waschen das Schiff. Der Wind dreht, vor der Regenwand heftiger und nördlicher innerhalb der Wand etwas zurückdrehend und unregelmäßig, manchmal heftig auffrischend, dann macht die Twiga einen Satz nach vorne. Auf der Rückseite wandert der Wind nach Osten aus, wird schwach, die Wolke hat sich ausgepustet, Pause bis zur nächsten Dusche. Um unter solchen Umständen die maximal mögliche Geschwindigkeit herauszuholen müssten wir ständig Segel wechseln, Bergen, Ausreffen Einreffen, Kurs anpassen. Zu stressig, also lassen wir gerade so viel Segel stehen, dass wir in derBöe noch sicher sind und nehmen in Kauf danach eben etwas langsamer unterwegs zu sein. Auch der Regen ist inzwischen warm, es ist nur störend, dass die Plicht nass wird, also spannen wir das Bimini auf. Wir segeln fast vor dem Wind, da wird das Großsegel nicht benötigt, die Schot seitlich eingepickt und die Plicht ist frei für das Sonnensegel. Doch der Tag geht schnell vorüber, die ständigen Wetteränderungen fordern mehr Aufmerksamkeit als die Kontinuität der letzten Tage.

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Auf dem Radar sind die Regenwände die uns umgeben tags und nachts gut zu sehen.

Das frische Wasser kommt vom Himmel, allerdings nicht genug um es aufzufangen. Unser Frischwasservorrat im Tank geht auch zur Neige und da die Sonne den ganzen Tag nur über den Wolken schien, haben unsere Solarpaneele nur sehr wenig Amperestunden in die Batterien eingelagert. Am Abend ist sodann  wieder Motorenlauf notwendig, derweil der Watermaker läuft und der Tiefkühler auf gaaanz kalt gedreht wird.

Donnerstag, 03.03.2011, über die Sonnenuntergänge

Ein warmer, ein sonniger Tag mit mäßig viel Wind.  Helga hat heute viel geschrieben, als ich aufwachte war sie schon konzentriert mit dem Laptop in der Plicht beschäftigt. Statt Tagebuch/Logbuch  schreibt sie in thematischen Artikeln, orientiert auf den Leser, der verstehen soll.  Ich hab fast nur gedöst oder auch tief gepennt, irgendwas hat mir eine hohe Dosis Schläfrigkeit in den Tag gegossen.

Die viele Sonne hat unserer Energiebilanz gutgetan, heute haben die Paneele die Batterien voll aufgeladen, obwohl der Kühlschrank die meiste Zeit lief.

Unser Etmal lag bei 94 Meilen, in der Nacht war nur wenig Wind und auch tagsüber geht es gemütlich voran.

Keine Schiffe in Sicht, Regenwolken nur in einer Entfernung, die sie richtig schön werden lassen mit ihrem wuchtigen zum Himmel strebenden Oberteilen, den glattrandigen Unterkanten und den schräg wegziehenden Regenstreifen, die angeleuchtet von der Sonne  die Wolke, den Himmel, mit dem Ozean verbinden.

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Der Sonnenuntergang war wieder vom Feinsten, ihn täglich zu beschreiben wird natürlich fade, doch ihn zu erleben ist jeden Tag berührend     schön, immer etwas anders, eine Freude für die Sinne. Und sinnliche Freuden werden ja auch durch Wiederholung nicht fade, sonst wäre ein guter Wein, ein sinnesreicher Sex nur gut mit dem Etikett des Neuen. Doch soweit hat es die Konsumwerbung noch nicht gebracht!  Besonders in den letzten Tagen wo es auch nach Sonnenuntergang warm, lau und angenehm bleibt sind diese Minuten besonders schön; die letzte sichtbare Wärme der Sonne, ihr Glutrot scheint so in der Haut zu

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verweilen, während die Wolken schon dunkel werden, der Horizont im Westen noch glüht, sich im  Osten blaugrau verliert und der erste helle Stern über dem Untergangsort der Sonne sich vom dunkelblauen Himmel abhebt.

 

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Freitag, 04.03.2011, Poseidons Gunst und das Chaos

Der Wind entwickelt eine gewisse Beständigkeit: Vor der Morgendämmerung, in Helgas Wache, brist es auf, gute Fahrt mit Schwung durch das recht glatte Wasser. Rasmus muss Helga lieben, da er ihr zusammen mit Eos Rosenfingern zischende, rauschende Fahrt schenkt. In den Stunden zuvor war es ruhig. Am Tag werden die Wellen höher, der Wind bleibt bis zum frühen Nachmittag, dann wird es weniger und während meiner Wache dümpeln wir dieser Nächte mit ein, zwei Knoten Fahrt daher, die Segel schlagen, die auslaufenden Wellen des Tages bewegen noch Boot und Segel, die wie riesige Fächer richtungslos die Luft verwirbeln. Dennoch kommen wir mit der Mischung dieser ungleich verteilten göttlichenGunst pro Tag 95 Seemeilen weit voran, wer hat da schon Eile?

Wie schön war es heute am Vormittag aufzuwachen, am Zischen und Rauschen, am Wellenschlag die schnelle Fahrt zu verstehen; im wacher werden diese vertraute im Bauch verharrend wandernde Wärme zu spüren, die den Herzschlag beschleunigt und die Gedanken ihrer Intellektualität entkleidet bis sie als nackte Gefühle frei von jeder verkleidenden Beschränkungin ihre Weite und Zeitlosigkeit entführen. Und darin – ein Paradoxon, denn wie kann Grenzenlosigkeit Ort und Zeit haben?- finden wir unsere Begegnungen in denen Hingabe, Dreingabe, Witz, Zärtlichkeit, Intensität und Ekstase verwirbeln, ein chaotisches Kunterbunt, das keiner ordnen möchte.

Und es wird niemals geordnet, nur verlassen, mal schneller, wenn irgendetwas einen geordneten Gedanken erzwingt, mal langsamer gleitend, hüpfend, mal vor, dann wieder retour in das entschwindende so liebevolle Chaos, bis die Struktur des Tages, versehen mit dem Schmuck der kunterbunten Gefühle, vom Verstand wieder akzeptiert wird.

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Helga ist da.

In mir schwingt eine Melodie.

Samstag 05.03.2011, ein Liebesgedicht

Heute Morgen hat mir Helga während ihrer Wache im Fluss zwischen Morgendämmerung, Erglühen des östlichen Himmels und dem Tag ein Liebesgedicht geschrieben.

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Brasilien kommt näher

Sonntag 06.03. 2011 und nix ist sicher

lödsinn, wir kommen natürlich Brasilien näher, da enthüllt die Sprache aufs feinste  die Egozentrik. Wobei Egozentrik wahrscheinlich eine sehr ehrliche Betrachtungsweise ist, schließlich wir können  jegliches Leben nur durch unsere ureigensten Sinne wahrnehmen; Tücke des Wortes: Wahrnehmen… Wo es doch Wahrheit gar nicht gibt, sondern nur gute oder nicht so gute Geschichten! Mark Twain hat die Subjektivität der Wahrnehmung mal auf einer Nadelspitze tanzen lassen: Im „mysterious stranger“  resümiert der Fremde: „ich bin nicht ich und du bist nicht Du; wir sind beide nur Produkt Deines Gedankens, und sobald du dieses erkannt hast wird auch dieser entschwinden“. Ab in Nichts! Völlig unwiderlegbar! Was uns aber nicht hindern soll - wenn auch nur aus rein praktischen Erwägungen heraus – unsere Sinne, von denen manche behaupten es seien nur  fünf!, Gültigkeiten, Wahrheiten, gute und schlechte Geschichten, die Synopsis der Sinne in Liebe und Erotik  in sinnig-unkritischer Lebensfreude zuzulassen und sei es nur weil eben dies der schönere Gedanke ist.

Den ersten Ausläufer des südamerikanischen Festlandssockel, die Insel Trinidade haben wir passiert, wenn auch ca. 100 Meilen nördlich. Ursprünglich wollten wir diesem recht einsam gelegenen kontinentalen Vorposten einen Besuch abstatten, haben es jedoch bleiben gelassen, nachdem uns die Seekarte erzählte, dass diese ein militärisches Sperrgebiet sei, und einen richtig schönen entspannt sicheren Ankerplatz gebe es dort auch nicht. Also keine schöne Geschichte und schlechte brauchen wir nicht.

Nach Vitoria sind es eh nur noch 5 bis 7 Tagesreisen. Die Neugier auf das Land Brasilien ist mir zur Zeit noch fern und theoretisch, der Alltag auf der Weite des Atlantiks erfüllt mich, etwas Neues brauche ich eigentlich nicht.

Etwas Einsiedlerhaftes  ist unserem Leben  zu Eigen geworden. Zwar weiß ich, dass wir gerne mit anderen Menschen Kontakt haben, in Marinas und unterwegs sind wir immer  herzlichen, freundlichen, interessanten  und interessierten Menschen begegnet. Der Preis für diese Begegnungen ist jedoch hoch: Bürokratie der Einreise, die vielen formellen und informellen Regeln spüren, die –notwendig oder auch nicht-  den Umgang der Menschenmassen an Land  lenken, Geldgeschäfte, Lärm, Abgase. Darin das Bunte , farbenfroh Lebende, die Musik der Freude, die Vielfalt der Lebensgestaltungen zu sehen ist natürlich ein Fascinandum, dem wir uns nicht entziehen wollen, ist doch dieses auch Teil der bewusst gewählten Qualitäten einer Reise. Und natürlich hat auch die Natur des Landes mit ihrer üppigen Formen- und Lebensvielfalt seine Reize, die so ganz anders sind als das Leben mit und auf dem Meer.

Poseidon hat mir die Sache mit der ungleichen Gunst doch krumm genommen. Letzte Nacht, in der Früh während

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Helgas Wache regnet es recht heftig, doch warm ist der Regen, eine Böenwalze kommt anmarschiert, die Regenwand ist dem Radar nach zu urteilen drei Meilen tief und sechs Meilen breit. Richtige Drücker sind da drin, ich muss aus der Koje, wir müssen fix das Großsegel bergen, und kaum ist dies geschehen lässt Poseidon nur noch die warme Dusche laufen während das Gebläse in den Schongang geht. Doch die gefoppte Helga wird durch eine Lichtorgel mit einem so spektakulären Sonnenaufgang belohnt, dass sie mich dafür fast aus der Koje gepurrt hätte.

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Doch Sonnenaufgänge sind flüchtige Momente, ehe sie den Weg ins Erleben genommen haben vergehen sie in der Helligkeit des Tages.

In der Nacht dreht der Wind auf Ost, Schmetterlingssegeln unter Groß und Genua. Wenn sich der Wind hält können wir morgen Vormittag die Passatsegel wieder setzen. Jetzt in der Nacht bin ich einfach zu faul und auch so sind wir bei 7 Knoten wahrem Wind mit 4 Knoten Fahrt unterwegs, ein entspanntes Reisen.


Montag, 07.03.2011 was auf Nachtwache so passiert…

Ein ruhiger Segeltag unter Genua bei 8 bis 14 Knoten Wind  und gemütlich zügiger Reise mit 5 Knoten Fahrt. Die Passatsegel haben wir nicht gesetzt, so eilig anzukommen haben wir es gar nicht…Helga hat träumte des nachts, dass wir bei der Einreise vom einem Amt auf das nächste geschickt worden wären, natürlich bürokratisch ergebnislos.

Tagsüber ist die Zeit des Ruhens geworden, keine geregelte Wache, beide sind von der jeweiligen Nachtwache müde, Helga weil die ihre gegen 03 begann und dann nahtlos in den Tag übergeht, ich weil meine um 03:00 endet jedoch der Schlaf nach 09:00 nicht so recht tief und ruhig ist.

Nachts, während der jeweiligen Wache ist dann die Zeit der Wachheit, Ausschau halten, Radar und AIS kontrollieren,  seit fast zwei Wochen sind wir alleine auf dem Meer unterwegs, mal abgesehen von den gelegentlichen Regenwolken die uns weichspülen. Sterne schauen, warten dass der Mond wieder zum Vorschein kommt, auf der Plichtbank liegen den Gürtel des Orions zwischen Oberwant und Mast auf steuerbord hüpfen und tanzen zu sehen, den umgekippten Wagen am nördlichen Horizont belächeln,

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dessen Nordstern unter dem Horizont anderen Seglern einige tausend Meilen entfernt den Weg weist. Das Kreuz des Südens suchen, das sich erst nach Mitternacht deutlich aus dem wolkigen Getümmel der Milchstraße heraushebt, etwas Tee oder Kaffee trinken. Dem Zischen, Sprudeln, Gurgeln des Wassers zwischen den Rümpfen lauschen, das Bedürfnis Musik zu hören, an Land fast jeden Tag vorhanden, ist auf dieser Atlantikpassage nicht spürbar, der Twigakonzertsaal wird durch die Natur bespielt. Dazwischen die Gedanken, die Phantasien, jeder Disziplin enthoben, schweifen lassen, gelegentlich auf diesen Ausflügen einen Gedankensplitter, eine Empfindung aufgreifend, die erinnerlich bleiben soll. In der zweiten Hälfte der Nachtwache hole ich meist meinen Laptop raus, etwas schreiben, die Bilder des Tages bearbeiten, in alten Notizen stöbern, nach achtern blicken mit Freude über aufglühendes Plankton im Kielwasser, nicht so viel wie anfangs im Benguelastrom, wo die achterliche Spur in Rumpfbreite erst viele Meter achteraus endete. Jetzt sehen wir wirbelnde einzelne Leuchten aufglühen und nach wenigen Sekunden wieder verdämmern.

Auf See gibt es tatsächlich viel weniger zu sehen und zu erleben als an Land und genau deswegen so viel mehr. Mir geht es jedenfalls so, dass ich das Landleben als Reizüberflutung empfinde, gegen die ich mir nur mit Abschottung, mit  der Verweigerung der generellen Achtsamkeit  schützen kann. Eindrücke  heranzulassen wird dort zu einem bewussten, selektiven Vorgang, mühsam.

 Die Reduktion der Eindrücke auf See macht diese intensiver, kein angelernter Filter, bei dem derzeitigem Wetter  noch nicht einmal ein textiler, schiebt sich zwischen Natur und Empfindung, das Wenige ist Mehr.

Dienstag, 08.03.2011

Helga hatte mal wieder einen sensationellen Sonnenaufgang erlebt, unsere Bildersammlung des  morgendlichen Feuerwerks müssen wir mal zusammenstellen und anschauen ob wirklich so viele Unterschiede vorhanden sind. Bis Mittags bleibt das Wetter sonnig dann kommt zunehmende Bewölkung auf . zum Teil mit viel Wind, die Twiga geht ab in rasanter Fahrt, obwohl wir nur mit reduzierter Segelfläche unterwegs sind. Das Heckwasser kimmt sich auf, spritzt und verliert sich einige hundert Meter

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hinter der Twiga, die Buge tauchen mal tief ein, mal schweben sie über dem Wasser, setzen immer weich ein, und wenn das Schiff mal rasant einen Wellenhang herunter gleitet und in die voranlaufende Welle taucht kommt

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sofort der zusätzliche Auftrieb der Nacelle zu tragen, das Vorschiff kommt mit einer harmonischen Bewegung wieder hoch, das Deck bleibt trocken und die Logge zeigt 8 bis 9 Knoten Fahrt an.

Helga fokussiert schon auf das Ende der Überfahrt, schreibt schon mal Emails auf Vorrat, zählt täglich die verbleibenden Meilen bis Vitoria, lernt fleißig Brasilianisch. Und ich mag mich mit all dem gar nicht auseinandersetzen, warum soll es morgen denn schon wieder anders sein als jetzt? Was soll diese Hektik? Ich fühle mich durch den Gedanken anzukommen in der Reise selber gestört.

Der Reisealltag, Wolken schauen, gelegentlich die Segel richten, Essen trinken schlafen, sich mit den Wellen und Schiffschwankungen zu bewegen, Decksdusche auf der Badeplattform, Kurskontrolle, dies reicht mir völlig.

Abends kommen mehr Wolken, Regen zieht auf, derbe Böen treiben uns voran, aus dem Radar sieht man wie die Twiga von Regenfeldern umzingelt wird.

Am Ende der Nachtwache ist der Himmel wieder entzündet, die Wolken der Regen in der Luft führt zu dramatischen Farben.


Mittwoch, 09.03.2011  ein grauer Tag und ein leckes  Fenster

Dichte Bewölkung und viel Regen. Zwischendrin zwei Stunden trocken, Siesta time in der Plicht bevor Dauerregen einsetzt

ine kräftige Rinderbrühe gibt es, Rindfleisch Karotten und Kartoffeln, sowie Fruchtgelee zum  Nachtisch, uns geht es gut.

Dann setzt der Dauerregen ein und ich entdecke, dass das Seitenfenster in der Steuerbordachterkajüte etwas Spiel hat und Wasser leckt unter dem Rahmen ins Schiff, durchnässt die Innenverkleidung. Der Schaden lässt sich mit Bordmitteln beheben mal sehen ob die Stelle dicht bleibt.

Nachts sind wir in eine großeRegenwand eingehüllt, der Wind dreht darin herum wie auf einer Achterbahn, also bergen wir die Segel, Maschine an , denn Strom und Frischwasser können wir auch wieder gebrauchen. ]Nach zwei Stunden kommt der Wind wieder, jetzt allerdings aus Ost nicht wie bislang aus Nord. Der Regen bleibt, eine nasse Nachtreise platt vor dem Laken.

Und – erstmalig seit zwei Wochen wieder- ein AIS Kontakt in 15 Meilen Entfernung.

Donnerstag, 10.03.2011 Regen, Starkwind und Berge unter Wasser

Rasmus will uns offensichtlich gegen Ende der Reise noch zeigen, dass der Südatlantik nicht nur eine Badewanne für Urlauber ist. Der Wind dreht auf Nord, brist auf, die See wird ruppiger, die Wellen gehen bis 5 Meter hoch und die Windgeschwindigkeit über 25 Knoten.

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Ein Frachter in der Nähe gibt uns über VHF den letzten Wetterbericht: Barometer fällt auf 1009, und der Wind soll bis auf 35 Knoten aufbrisen, nun denn, das gibt eine zügige Reise!

Wellenkämme brechen direkt neben uns, duschen die Twiga, wir haben das

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Bimini oben und die Seitenpersenning der Plicht, da sitzen wir dennoch trocken. Bei halben Wind und kleineren Kreuzseen bockt die Twiga manchmal, doch insgesamt läuft sie harmonisch. Die Gläser bleiben auf dem Tisch und der Kessel auf dem Herd. Mit gereffter Genua laufen wir gemütliche 6-7 Knoten, bei mehr Segelfläche geht es zwar schneller, aber die Schiffbewegungen werden dann etwas ruppig, so als ob die Twiga nicht mit den Elementen segelt, sondern gegenankämpft; nicht wünschenswert! Der

Regen ist zeitweise so dicht, dass die Sicht unter fünfzig Meter sinkt, da freuen wir uns natürlich über die Orientierung, die AIS und Radar bieten.

Ein erster Vogel kommt und umkreist die Twiga einige Minuten, das Land rückt näher.

Am Abend passieren wir die Unterwasserberge die sich 200 Meilen weit zwischen dem Festland und der Insel Trinidade hinziehen, Berge, die bis zu 11 Meter unter der Wasseroberfläche enden. Um dort nicht in Gebiete mit tückischen Grundseen zu geraten folgen wir einem tiefen Graben der und zu beiden Seiten ca. zehn NM Raum gibt. Kurz bevor wir diese Passage erreichen reißt die Reffleine der Genua, passender Weise genau mit der

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Abenddämmerung. Die Reparatur lässt sich bewerkstelligen ohne dass wir das große Segel bergen müssen, doch eine Stunde Herumturnerei auf dem Vorschiff, behindert durch den Sicherheitsgurt läutet die nächtliche Dunkelheit ein.

Freitag, 11.03. 2011 …. So viele Schiffe!

Die Nacht war dann doch ruhiger als befürchtet, nur sehr dunkel, das Rauschen und gelegentliche Klatschen und Donnern der umgebenden Brecher, das Beschleunigen der Twiga wenn die achterliche See uns voranschob, Böen und nasse Regenwände begleiten uns durch die Dunkelheit.

Der Schiffverkehr wird dichter, der Regen lässt tagsüber nach, doch im Westen, über Brasilien stehen dunkle Wolken. Das Wache gehen wird etwas anstrengender als zuvor, wir müssen engmaschig aufpassen und bei dem böigen Wetter die Segelfläche häufig anpassen, rechtungewohnt nach den letzten Wochen in denen wir höchsten einmal am Tag anpassen mussten.

Unsere Zeitkalkulation zeigt, dass wir in etwa gegen 01:00 in Vitoria einlaufen werden, was uns bei Regen und möglichem Starkwind  gar nicht freut, ein fremder Hafen, in dessen Bucht auch noch Fels-Riffe liegen und im Einfahrtsbereich mit dichtem Schiffverkehr gerechnet werden muss. Gegenüber von Vitoria liegt Porto de Tubarao, der zweitgrößte Erzverladehafen der Welt mit entsprechend  dichtem Verkehr.

Also reffen wir weiter, reduzieren die Geschwindigkeit auf drei Knoten, do kommen wir auf eine ETA von 05:00 morgen früh, genau richtig zur Morgendämmerung.

Nachmittags schenkt Rasmus eine Regenpause, etwas Sonne und klare Sicht, während der wir das Ankergeschirr

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überprüfen, Festmacher aus der Backskiste holen, die Fender checken, uns in der Karte über die Ansteuerung und die möglichen Anker- ,Mooring-, Anlegesituationen orientieren. In der Nacht nähern wir uns der Küste, hell leuchten die weit vor der Küste verankerten Frachter, 25 weitere warten auf Reede auf Abfertigung.

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Samstag 12.03.2011  Landfall im Morgengrauen

Hinter all diesen Lichtern taucht dann auch das Lichtermeer von Vitoria auf, auf der Landkarte ein unbedeutender Fleck, doch in Wirklichkeit eine Großstadt mit Hochhäusern, die sich lang nach Süden an der Atlantikküste entlang zieht und die weite Bucht bis nach Tubarao auskleidet. Die Sicht wird gut, der Regen minimal, die ersten Tonnen sind genau in der Position wie sie laut GPS auch liegen müssten die Karte ist offensichtlich akkurat, so dass wir auch die Riffdurchfahrt nach GPS machen können; die Leuchtfeuer und befeuerten Tonnen sind nur teilweise erkennbar, die gleißenden Lichter der Stadt überblenden alles.

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Wir tuckern langsam die letzten Meilen durch die Ansteuerung und die Bucht

Bis wir den kleinen geschützten Einschnitt erreichen in dem sich die Marina befindet.

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Eine Mooring ist vor dem Hafen frei, ein guter Platz und uns angenehmer als in der Enge der Marina zu liegen.

Ein kühles Bier beendet diese Reise und die Nacht, ausgiebig Duschen und den Tag als Ruhetag verbringen stellt den Beginn unserer Zeit in Brasilien dar.