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weiter in den Süden segeln..

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Als Europäer bedeutet dies zur Wärme, zur Sonne, dem Nebel, der Kühle den Rücken zukehren. Doch hier in Brasilien steht ja die Welt auf dem Kopf und so wird es auf unserem Weg kühler, die Bettdecke wird wieder überzogen, die Morgensonne  muss erst den nächtlichen Nebel auflösen bevor es richtig hell wird.

In drei Etappen segeln wir nach Paranagua. Zunächst von Parati aus zur Ilha Anchieta, die eine  sehr gut

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geschützte Ankerbucht an der Nordseite aufweist. Keine einzige Yacht ist unterwegs, die Bucht ist einsam, obwohl während der Saison hier viel Betrieb sein soll. An diesem Küstenabschnitt ist es normalerweise nur schwach windig, doch wir haben Glück und  können unter Genua gut Fahrt machen.

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Die Schleppangel liegt draußen und Helga hat ihren ersten Fisch gefangen, einen Bonito, gerade richtig für ein gutes Sushi. Nur Töten mag Helga ihr Opfer nicht, da ist es doch gut Frau zu sein, die solcherlei deligieren darf…

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Unser nächster Stopp liegt vor der Ilha Bella, sehr beliebt als Naherholungsgebiet für Sao Paulo und Santos. Leider ist die Insel auch sehr beliebt bei den Moskitos, die hier teuflisch beißen und dicke, nässende, juckende Quaddeln hinterlassen; das übliche Moskito-Repellent scheinen die Viecher als Lockmittel zu begreifen. Doch die Insel, ein Naturschutzgebiet ist atemberaubend schön mit ihrem Regenwald, den Stränden und hohen, über 1000 Meter hohen Bergen. Beim Yachtclub gehen wir an eine Boje, zwei Marina Arbeiter kommen sofort mit dem Arbeitsboot und helfen beim festmachen.

Villen säumen die Ufer, Bootshäuser liegen am Wasser mit Treppen oder sogar Liften angebunden an das Haupthaus.

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Tagsüber  in der Sonne ist es noch warm, der Wind günstig, Bilderbuchsegeln, doch abends wird es kühl, der Herbst rückt näher. In der ersten Nacht passieren wir Santos, wieder liegen zahlreiche Schiffe auf Reede; doch am Eindrucksvollsten ist der Hell schimmernde Horizont, beleuchtet von der riesigen Metropole SaPaulo oben auf dem Hochland, von uns gute 30 Meilen entfernt.  

In der Nacht nähern wir uns der Bucht von Paranagua; über dreißig Frachter liegen auf der Reede vor Anker, viele Tanker ohne Ladung, jedoch auch einige Frachter, die darauf warten Platz im Containerhafen zu erhalten. Dieser riesige Meeresparkplatz erstreckt sich über 12 Meilen, alle Schiffe hell erleuchtet mit grellen Natriumdampflampen und von Land her leuchtet der Himmel im Widerschein der Stadtbeleuchtung, obwohl die Stadt noch gar nicht zu sehen ist.

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Die nächtliche Einfahrt in die Bucht ist unproblematisch, mit Plotter und den eindeutigen Leuchttonnen  gibt es keine Navigationsprobleme. Nur in der Bucht selber hört die eindeutige Betonnung außerhalb der Fahrrinne für die Großschifffahrt auf und die Angaben der Wassertiefe in der Seekarte sind eher vage, also Ankern wir  recht bald und warten auf den Morgen.

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Hinter den Mangroven muss eine Schule liegen; Einbäume, kleine Motorboote und eine kleine Fähre fahren an den Strand und laden die Kinder aus, ein kleiner Hafen nahe bei darf offensichtlich nicht genutzt werden, prohibido.

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 Einige Meilen weiter liegt der Ankergrund des Yachtclubs von Paranagua, eine ganze Flottille   brasilianischer Seglern aus Rio und Santos  liegt dort samt einer 23 Meter langen englischen Yacht, einer luxuriösen Oyster. Am Ufer wachsen Bananen, Bambus und natürlich Mangroven, ein ruhiger Platz von dem aus man Teile der Stadt in der Entfernung sehen kann. Und bei der Entfernung bleibt es auch zunächst, denn eine heftige Grippe sorgt für eine Reiseunterbrechung  zunächst erwischt es mich und einige Tage später auch Helga.

Nach drei Tagen raffen wir uns zu einer Stadtbesichtigung auf. Die Südseite des Ortes grenzt an das Flussufer, hier ist auch der historische Kern, im Norden liegt das Ufer der offenen Bucht mit riesigen Kaianlagen für

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 Massengut, Container und Autoverladung, es ist der drittgrößte Hafen Brasiliens und von großer Bedeutung für die Provinzhauptstadt Curitiba in der in den letzten Jahren sich viel Industrie (u.a. Audi, BMW) angesiedelt haben.

Der historische Teil der Stadt ist   arg lädiert, jedoch wird restauriert und offensichtlich werden keine Hochhäuser anstelle der historischen Substanz mehr zugelassen. Das Flussufer war früher auch der eigentliche Hafen, und die Fischer aus der weiten Bucht landen  hier mit ihren bunten Booten an um

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einkaufen zu gehen. Schöne koloniale Bürgerhäuser stehen am Ufer, die meisten nur noch als Fassade, einige wenige jedoch schon restauriert.

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Eine  Nacht verbringen wir am Steg des Yachtclubs, etwas einkaufen, Internetzugang nutzen, Wasserbunkern, denn in der Bucht ist das Wasser so angereichert mit Schwebestoffen aus den Flüssen, dass wir den Watermaker nicht nutzen können.

Die Bucht selber ist riesig: 700km² mit Mangroven, kleinen Inseln, Flussläufen, Sandbänken, Felsenriffen, ein Irrgarten mit fließenden Übergängen zwischen Wasser und Land, mit einigen felsigen Hügeln. Und fast keinen Menschen. Nur in der Stadt Paranagua sowie in Antonina leben die Anwohner, einige indigene Bewohner leben in Hütten im Buschland, ihre bunt bemalten schmalen Boote sind das gängige Verkehrsmittel hier.

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Die reicheren haben schon eine Maschine, die üblichen luftgekühlten Einzylinder Diesel, deren Pöttern weltweit den kleinen Fischer ankündigen.

Die kleinen schmalen Einbäume, die mit einem Stechpaddel bewegt werden sind jedoch auch noch zahlreich vorhanden.

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Die Tiefe der Bucht ist nicht kartographisch erfasst, also müssen wir langsam und vorsichtig  navigieren um in diese Welt einzudringen. Das Wasser ist trübe von Schlamm und Algen, der Grund nicht zu sehen und allenthalben liegen Untiefen, meist aus Schlamm und Sand nur selten sind Felsen erkennbar.

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Zwölf Meilen fahren wir in der Bucht flussaufwärts, dann ankern wir  vier Meilen oberhalb von Antonina für drei Tage mitten in einer ungestörten Natur, kein Haus, kein Dorf in Sicht, kein Maschinenlärm, nur das ferne Summen der gewaltigen Hafenanlagen von Paranagua dringt bei Südostwind bis zu uns vor. Die Stille wird abends durch die Vögel belebt, eine halbe Stunde zu Sonnenuntergang klingt es aus den Mangroven, jedoch

 nicht alle zugleich sondern abwechselnd aus unterschiedlichen Richtungen, als ob ein Dirigent unterschiedlichen Chören den Einsatz gibt.

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Springende Fische, etwa 30-40 cm lang, erreichen immerhin Sprunghöhen von mehr als einem Meter und hinterlassen einen Wasserring, der an stillen  Tagen die ansonsten spiegelglatte Bucht kräuselt. Schildkröten schauen  aus dem Wasser und die kleinen graubraunen Flussdelphine  ziehen mit langsamen  Bewegungen durch das Wasser. Mangroven und Schilf säumen

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die meist schlammigen Ufer, auf den trocken fallenden Sandbänken laufen Möwen, blaue und weiße Reiher auf der Suche nach Sandwürmern.

 In diese Mangrovenlandschaft können wir mit dem Beiboot fahren, die Wasserwege zwischen den Inseln, die zahlreichen Fluss und Bachläufe, die von den fernen Bergen hier einmünden bilden einen Irrgarten in dem wir aufpassen müssen nicht die Orientierung zu verlieren, denn eine gescheite Karte von der Gegend existiert nicht.

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 Nach drei Tagen kommt eine Wetterfront, es wird kalt, Wolken ziehen heran, früh am Morgen ist die Welt in dichten Nebel gehüllt.

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 Wir gehen Anker auf und fahren nach Antonina, deren moderne allerdings bescheidene Hafenanlagen weit vor der Stadt liegen. Mit nur 5 Metern schiffbarer Wassertiefe ist dieser Hafen sicherlich gegenüber Paranagua ins Hintertreffen geraten. Der historische  Kern von Antonina weist wiederum

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einige Bausubstanz aus der Kolonialzeit auf. Altes Kopfsteinpflaster auf den Straßen, Mosaike auf den Gehwegen zeugen von einstigem Reichtum. Einige der Häuser sind liebevoll restauriert, sogar ein städtisches Theater aus dem Jahre 1906 ist in Betrieb. Die Stadt  bemüht sich offensichtlich um seine

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 historische Substanz, sie muss eine recht reiche Vergangenheit haben. Vor der Stadt sind Industrieruinen aus dem frühen zwanzigsten Jh. zu sehen, verfallene Kaianlagen zeugen von der einstigen Bedeutung des Hafens.

Sogar einen Yachtclub gibt es hier  bei dem wir an eine Mooring gehen; für drei Tage ist die Benutzung kostenlos und nun hat die Grippe auch Helga voll erwischt.

 Und so hoffen wir schniefend und hustend auf baldige Genesung.